„Ministerium und Schulaufsicht werden den Start der neuen Schulen eng begleiten und gemeinsam mit den Beteiligten vor Ort dafür sorgen, dass dieser Start erfolgreich verläuft. Mit den geplanten neuen Vorgaben für die Lehrerzuweisung, die Unterrichtsorganisation und die Unterrichtsinhalte sollen zudem die Rahmenbedingungen in der Realschule plus so ausgestaltet werden, dass die gezielte individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern deutlich verbessert werden kann“, sagte Doris Ahnen.
Gut die Hälfte der 122 neuen Realschulen plus werde in der integrativen Form starten, so die Ministerin. Sie unterrichteten also im Klassenverband und differenzierten für die Bildungsgänge in einzelnen Fächern oder bildeten frühestens ab der 8. Klassenstufe abschlussbezogene Klassen. Die andere Hälfte der Schulen werde in der kooperativen Form geführt und bildeten direkt nach der für alle Realschulen plus verbindlichen gemeinsamen Orientierungsstufe (Klassenstufen 5 und 6) eigene Klassen für die Abschlüsse Berufsreife und Mittlere Reife. „Es ist erfreulich, dass bereits zum Schuljahr 2009/10 in vielen Regionen unseres Landes die Eltern zusätzliche Wahlmöglichkeiten zwischen integrativ oder kooperativ unterrichtenden Schulen erhalten. Dazu werden auch die zehn neuen Integrierten Gesamtschulen und drei neue Gymnasien beitragen, die ebenfalls zum Schuljahr 2009/10 starten.“ Von den 31 neu entstehenden Realschulen plus kommen 20 durch das Zusammengehen einer Haupt- und einer Realschule zustande. Zudem wollen sechs bisherige Realschulen sowie zwei jetzige Hauptschulen künftig das Profil einer Realschule plus anbieten. In zwei Fällen soll die neue Schulform durch die Zusammenarbeit von zwei Hauptschulen entstehen, einmal durch das Zusammengehen einer Hauptschule mit einer Regionalen Schule.
Gute Rahmenbedingungen - Stundenpool für individuelle Förderung
Die Realschulen plus könnten ihren Start auf der Basis guter Rahmenbedingungen gestalten, betonte Doris Ahnen weiter. Für mehr als die Hälfte aller Schulen, nämlich genau für 68 künftige Realschulen plus, wirke sich dabei sicherlich auch positiv aus, dass sie als Ganztagsschulen in Angebotsform bereits sehr gute personelle Rahmenbedingungen hätten. In allen Realschulen plus unterstütze darüber hinaus die in der Orientierungsstufe auf 25 Schülerinnen und Schüler pro Klasse abgesenkte Klassenmesszahl (das ist der Grenzwert, ab dem bei der Klassenbildung eine weitere Klasse eingerichtet werden kann) eine gezielte Förderung und das gemeinsame Lernen.
„Mit neuen Vorgaben für die Unterrichtsorganisation und die Lehrerstundenzuweisung sowie mit einem Stundenpool für die Umsetzung schuleigener Förderkonzepte wird diese Unterstützung noch verbessert werden“, unterstrich Doris Ahnen. Für die neuen personellen und inhaltlichen Vorgaben, die durch Rechtsvorschriften verbindlich werden, liefen derzeit die Anhörungsverfahren bei Verbänden, Gewerkschaften, Kammern und anderen an Schule beteiligten Institutionen. Danach sei zum Beispiel vorgesehen, für jede zu bildende Klasse der jeweiligen Realschule plus 22 Lehrerwochenstunden zuzuweisen, für jede Schülerin und jeden Schüler in einer Klasse erhöhe sich die Stundenzuweisung um jeweils 0,6 Lehrerwochenstunden. Damit orientiere sich die Ressourcenausstattung an den bisherigen Stundenzuweisungen für Regionale Schulen. „Konkret bedeutet dies, dass beispielsweise für eine Klasse mit 25 Schülerinnen und Schülern in der Orientierungsstufe, die laut Stundentafel 30 Wochenstunden Pflichtunterricht hat, der Realschule plus 37 Lehrerwochenstunden zugewiesen würden. Die Schule hat damit rechnerisch sieben Lehrerwochenstunden zur Verfügung, die sie in Angebote für Differenzierungen, für zusätzliche Förderprojekte außerhalb der Stundentafel oder aber für Maßnahmen zur stärkeren Unterstützung einzelner Schülerinnen und Schüler im Unterricht - beispielsweise für Doppelbesetzungen - einsetzen kann“, erklärte die Ministerin. Darüber hinaus solle der bei der Schulaufsicht bestehende Pool für Sonderzuweisungen verstetigt und auf 6.000 Lehrerwochenstunden festgelegt werden. Umgerechnet stünden damit etwa 227 Vollzeitlehrerstellen zur Verfügung, die zur Verstärkung der individuellen Förderung genutzt werden könnten. Voraussetzung dafür sei die Vorlage eines schuleigenen Förderkonzepts, das sich an einem vorgegebenen Kriterienkatalog orientiere und Zielvorgaben enthalte. „Hier setze ich vor allem darauf, dass die Schulen an die Verhältnisse vor Ort angepasste Konzepte für eine frühestmögliche individuelle Förderung erarbeiten, die insbesondere die Zahl der Schulabbrecherinnen und Schulabbrecher reduzieren sollen“, unterstrich Doris Ahnen. In einem zweiten Pool stünden bei der Schulaufsicht auch zukünftig nochmals rund 3.500 Lehrerwochenstunden bereit, die insbesondere für die zusätzliche Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund eingesetzt würden.
Ein wichtiger Baustein für das Profil der Realschule plus sei die Stärkung der Angebote im Wahlpflichtbereich. Diese orientierten sich an den Unterrichtsprinzipien Berufsorientierung, ökonomische Grundbildung und informatische Grundbildung. Verpflichtend würden dabei die Lernfelder Technik und Naturwissenschaften, Hauswirtschaft und Sozialwesen, Wirtschaft und Verwaltung oder als Alternative das Fach Französisch verankert. Daneben könnten die Schulen zusätzlich eigene Neigungsangebote für die Schülerinnen und Schüler anbieten.
Auf dem richtigen Weg
Neben den bereits erwähnten Vorschriften für die personelle und inhaltliche Ausgestaltung der Realschule plus überarbeite das Ministerium derzeit die Übergreifende Schulordnung, um sie an die Vorgaben des Landesgesetzes zur Änderung der Schulstruktur anzupassen. Um Eltern einen umfassenden Überblick über die Realschule plus zu geben, werde zudem in Kürze eine neue Informationsbroschüre veröffentlicht.
„Die bisherige Resonanz auf das neue Schulstrukturkonzept in Rheinland-Pfalz in den Schulen und bei den Schulträgern ist für mich ein Beleg dafür, dass wir mit der Zweigliedrigkeit mit Plus auf dem richtigen Weg sind, um unser Bildungssystem demografiefest und damit zukunftssicher zu gestalten. Ich bin sehr froh über das Engagement, mit dem vor Ort die Schulentwicklungsplanung vorangetrieben wird. Zugleich bin ich sicher, dass wir mit der Realschule plus insbesondere den Schülerinnen und Schülern und deren Eltern ein Angebot machen können, das die Zukunftschancen von Kindern und Jugendlichen verbessert, mehr Aufstiegschancen eröffnet und zu mehr Chancengleichheit beiträgt“, unterstrich Bildungsministerin Ahnen abschließend. Die Antragsfrist für die Errichtung von Realschulen plus zum Schuljahr 2010/2011 ende am 31. Mai 2009.
Anlage: Liste der 31 neu gebildeten Realschulen plus
Die Realschule plus im Stenogramm
Haupt- und Realschulbildungsgang unter einem Dach;
verbindliche gemeinsame Orientierungsstufe mit abgesenktem Klassenteiler von 25 Schülerinnen und Schülern;
Unterricht ab Klasse 7 möglich in integrativer oder in kooperativer Unterrichtsorganisation;
neue Vorgaben für Lehrerwochenstundenzuweisung und Förderpool;
neue Stundentafel mit Schwerpunkt auf Berufsorientierung in drei neuen Bereichen für den Wahlpflichtunterricht;
kein Eigenanteil von Eltern für die Schülerbeförderung zur Realschule plus;
teilweise mit Zusatzangebot Fachoberschule zum Erwerb der Fachhochschulreife in zwei weiteren Schuljahren gekoppelt;
teilweise mit Zusatzprojekt „Keine(r) ohne Abschluss“ gekoppelt für Schülerinnen und Schüler, die nach neun Schuljahren nicht die Berufsreife erreicht haben (10. Schuljahr in verpflichtendem Ganztagsbetrieb mit starkem Berufsbezug).