Das Fatale am so genannten 'Cybermobbing': Die Herabsetzungen der Betroffenen, etwa in Form von Gerüchten oder diskreditierenden Bildern, sind einer unbekannten und breiten Masse zugänglich – und das auf unbestimmte Zeit. Zudem können die Täter aus einer vermeintlichen Anonymität heraus agieren. Und: es ist sehr schwierig, die schädigenden Inhalte wieder aus dem Netz zu entfernen. Laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) ist bereits mehr als ein Drittel der 14 - bis 20-jährigen Befragten Opfer von Cybermobbing gewesen. Mehr als 70 Prozent kennen jemanden, der im Netz systematisch attackiert wurde.
Die TK-Landesvertretung Rheinland-Pfalz, das Bildungsministerium und das Pädagogische Landesinstitut wollen hier aktiv werden. Mit dem neuen Unterrichtsmaterial zum Thema „Cybermobbing“, das heute von Bildungsministerin Vera Reiß sowie TK-Landeschefin Anneliese Bodemar in einer gemeinsamen Pressekonferenz vorgestellt wurde, soll das bereits vor vier Jahren gestartete gemeinsame Engagement gegen Mobbing an Schulen weitergeführt werden.
"Für Kinder und Jugendliche ist es inzwischen eine Selbstverständlichkeit, sich im Internet zu bewegen und auszutauschen. Dabei ist klar, dass dies zwar viele Chancen aber auch Risiken beinhaltet. Ein Risiko – übrigens nicht nur für Schülerinnen und Schüler sondern auch für Lehrkräfte – ist es, dass man im Internet sehr leicht zum Opfer von Verleumdungen und aggressiven Verbalangriffen werden kann. Daher ist es auch wichtig, Lehrerinnen und Lehrer fit zu machen bei dieser Thematik“, unterstrich Bildungsministerin Reiß. Diesen Ansatz verfolge auch das Landesprogramm „Medienkompetenz macht Schule“.
Was die Schülerinnen und Schüler angehe, sei es eine generelle Grundlinie der schulischen Präventionskonzeption, sie für einen fairen Umgang miteinander – ob im Netz oder in der realen Welt – zu sensibilisieren. Vera Reiß hielt fest: „Uns ist es wichtig, die Schülerinnen und Schüler so früh wie möglich über die Ursachen und Folgen von Cybermobbing aufzuklären und sie mit Gegenstrategien vertraut zu machen. Hierfür können die neuen Unterrichtsmaterialien gewinnbringend eingesetzt werden. Das neue Programm ergänzt die bereits im Land vorhandene breite Palette von Projekten und Programmen im Bereich der Gewaltprävention und auf dem Feld der Medienbildung hervorragend."
Die Leiterin der TK-Landesvertretung, Anneliese Bodemar, ist davon überzeugt, dass die Präventionsarbeit in Sachen Cybermobbing bereits in den Schulen ansetzen muss: "Das neue Modul soll ein weiterer Beitrag der TK sein, um in den Schulen eine regelrechte Anti-Mobbing-Kultur zu etablieren. Nur wenn die Kinder lernen, sich mit gegenseitiger Wertschätzung und Toleranz zu begegnen, ist ein Schulklima der Potentialentfaltung und individuellen Entwicklung möglich. Das neue Modul klärt deshalb nicht nur über Gewalt in der digitalen Welt auf, es schult das Einfühlungsvermögen füreinander und setzt Impulse zum solidarischen Handeln."
Auch Dr. Katja Waligora, Schulpsychologin des Pädagogischen Landesinstituts (PL) begrüßt die Ausweitung des Präventionsprogramms "Mobbingfreie Schule - gemeinsam Klasse sein!", welches bereits 2010 vom rheinland-pfälzischen Bildungsministerium und der TK-Landesvertretung eingeführt wurde. Kern dieser Aktion ist eine Projektwoche, für deren Umsetzung die TK den weiterführenden Schulen des Landes 1.000 Anti-Mobbing-Koffer im Wert von 60.000 Euro zur Verfügung gestellt hat. "Das Präventionsprogramm wird sowohl von den Schülern als auch von Lehrern und Eltern sehr gut angenommen. Daher ist es uns auch bereits gelungen, 400 Lehrer, Schulsozialarbeiter und Multiplikatoren für das Umsetzen der Aktion fortzubilden, wodurch schon rund 5.000 Schülerinnen und Schüler profitierten", so Dr. Waligora.
Der Präsident der Landespsychotherapeutenkammer, Alfred Kappauf, betont bei der Pressekonferenz ebenfalls die Notwendigkeit Mobbing im Netz wie auch im Schulalltag einzudämmen: "Systematische Ausgrenzung und Attacken, die über einen längeren Zeitraum betrieben werden, können dramatische Folgen für die Gesundheit der betroffenen Kinder haben. Nicht selten leiden sie unter psychischen Beschwerden wie Depressionen sowie unter Konzentrations-, Ess-, oder Schlafstörungen. Darüber hinaus können diese traumatischen Erfahrungen bis ins Erwachsenenalter die psychische und physische Gesundheit stark belasten. Wichtig ist übrigens auch zu sehen, dass meist nicht nur 'Opfer', sondern auch die so genannten 'Täter' Hilfe benötigen, um Beziehungen befriedigender für sich und andere zu gestalten.