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Islamische Verbände: Vorerst keine Wiederaufnahme der Verhandlungen – Land stellt Anforderungen

Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, präsentierte heute die Zusatzgutachten zu den islamischen Verbänden der Öffentlichkeit. Diese stellen fest, dass die Verbände Religionsgemeinschaften darstellen, jedoch erhebliche strukturelle Herausforderungen bestehen. Wolf kündigte daher an, die Verhandlungen vorerst nicht wiederaufzunehmen, sondern Zielvereinbarungen mit den Verbänden zu verhandeln, um die notwendigen Entwicklungen in Gang zu setzen.

„Unser Ziel ist es, die Integration der Musliminnen und Muslimen in Rheinland-Pfalz zu stärken. Doch die Verbände müssen noch an ihren Strukturen arbeiten, um als Vertragspartner der Landesregierung wirken zu können. Insbesondere DITIB Rheinland-Pfalz und Schura Rheinland-Pfalz müssen noch unabhängiger von Dritten werden; Schura ihr Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung konsequenter in allen Gemeinden durchsetzen. Wir werden daher die Vertragsverhandlungen vorerst nicht wieder aufnehmen. Aber wir wollen mit einer Zielvereinbarung den Verbänden eine klare Perspektive bieten. Wir formulieren darin unsere nachvollziehbaren Anforderungen an die Verbände. Sind diese erfüllt, wollen wir die Vertragsverhandlungen wiederaufnehmen“, führt der für Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zuständige Minister, Konrad Wolf, aus.

Diese Anforderungen sind:

Die Verbände bekennen sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und bezeugen ihre Treue zur Verfassung. Sie erkennen die Vielfalt der Religionen und die Gleichberechtigung der Geschlechter im gesellschaftlichen und politischen sowie schulischen und beruflichen Leben aktiv an.

Die Verbände in Rheinland-Pfalz müssen politisch und strukturell autonom von Dritten handeln können.

„Die Anerkennung und Teilhabe von Muslimen in Rheinland-Pfalz bleibt weiterhin wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel der Landesregierung. Die muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sollen sich in Rheinland-Pfalz aufgenommen und zuhause fühlen. Dazu ist wichtig, dass wir ihnen eine anerkannte und diskriminierungsfreie Religionsausübung ermöglichen. Die Gutachten bestätigen, dass der Weg eines Vertragsabschluss mit den Verbänden der richtige ist, um mit den islamischen Religionsgemeinschaften eine verfassungskonforme Kooperation anzustreben. Dieser Weg wird der Situation der islamischen Organisationen und der Verfasstheit des Islams in Deutschland am besten gerecht. Die Zielvereinbarungen beschreiben den Verbänden die notwendigen Maßnahmen, sich so aufzustellen, dass die Vertragsverhandlungen wieder möglich sind. Das ist ein klares und faires Angebot“, sagt Miguel Vicente, Beauftragter der Landesregierung für Integration und Migration.

Die Landesregierung hatte die Zusatzgutachten in Auftrag gegeben, um den Einfluss staatlicher Stellen auf die Verbände in Rheinland-Pfalz zu klären. Die Anfertigung übernahmen der Religionswissenschaftler Prof. Dr. Christoph Bochinger von der Universität Bayreuth und der Kölner Staatskirchenrechtler Prof. Dr. Stefan Muckel. Die vorgelegten Zusatzgutachten bestätigen die Kernaussagen der in die 2014/2015 angefertigten Erstgutachten, dass alle vier Verbände Religionsgemeinschaften im Sinne des Grundgesetzes. Jedoch sehen die Gutachter die Eignung des DITIB-Landesverbands und der Schura Rheinland-Pfalz als problematisch an, Partner für den Islamischen Religionsunterricht zu fungieren. So wird die mögliche Einflussnahme Dritter als kritisch eingestuft. Die strukturell-institutionelle Verflechtung zwischen DITIB-Landesverband, DITIB-Bundesverband und Diyanet würde eine politische Einflussnahme jederzeit ermöglichen. In der Schura Rheinland-Pfalz besteht bei sechs Gemeinden eine satzungsmäßige Abhängigkeit von einem Bundesverband, der kein Teil der Schura ist. Aufgrund von Aktivitäten einzelner Mitglieder liegen dem rheinland-pfälzischen Verfassungsschutz zu drei Gemeinden der Schura Anhaltspunkte für den Verdacht extremistischer Bestrebungen vor.

„Die von den Gutachten benannten Probleme der beiden Verbände müssen konsequent aufgearbeitet werden. Es wird nur eine Zusammenarbeit mit Verbänden geben, die zweifelsfrei auf dem Füßen des Grundgesetzes stehen und bei denen ein politischer Einfluss Dritter ausgeschlossen ist“, stellt Wolf fest und ergänzt: „Wir wollen den beiden betroffenen Verbänden die Chance und Zeit geben, diese Entwicklung zu vollziehen. Diesen Prozess wollen wir durch den Abschluss einer Zielvereinbarung begleiten. Des Weiteren werden wir als Landesregierung einen Klärungsprozess mit vier Elementen starten: Der Runde Tisch Islam soll zu einem Konsultationsgremium der Landesregierung weiter ausgebaut werden und ein gesellschaftlicher Diskurs- und Verständigungsprozess zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen in Rheinland-Pfalz begonnen werden. Darüber hinaus wollen wir im Rahmen der Zielvereinbarung Gespräche darüber beginnen, wie ein Islamischer Religionsunterricht nach der Erfüllung der Anforderungen aussehen könnte. Dazu gehört auch, dass die Landesregierung beabsichtigt, in Rheinland-Pfalz Professuren für Islamische Theologie einzuführen. Dafür sollen im Land eigene Kapazitäten zur Ausbildung von Religionslehrerinnen und –lehrern aufgebaut werden. Auch bei der Entwicklung dieser Konzeption werden wir die Verbände gerne beteiligen.“

Die Landesregierung plant in den nächsten Wochen eine entsprechende Zielvereinbarung mit den vier islamischen Verbänden zu verhandeln. Zwölf Monate nach Unterzeichnung soll Bilanz gezogen werden, ob die gemeinsam vereinbarten Ziele erreicht wurden. Darauf aufbauend entscheidet die Landesregierung über das weitere Verfahren mit den islamischen Verbänden.

Hinsichtlich der Auswirkungen der Gutachten auf den islamischen Religionsunterricht stellt Bildungsstaatssekretär Hans Beckmann fest: „Die aktuell bestehende modellhafte Erprobung des Islamischen Religionsunterrichts an insgesamt 21 Schulen wird wie bisher fortgeführt. Das Modellprojekt erfolgt ohne Beteiligung der Verbände. Wo das möglich ist, wollen wir das Modellprojekt mit den Partnerinnen und Partnern vor Ort ausbauen. Wenn die Zielvereinbarung unterzeichnet ist, werden wir das vorbereitende Gespräch mit den Verbänden suchen und gemeinsam überlegen, wie ein einheitliches und landesweites Strukturmodell mit den vier Verbänden zum Islamischen Religionsunterricht aussehen könnte. Nichts ändern wird sich daran, dass der Islamische Religionsunterricht auf jeden Fall auch weiterhin von staatlichen Lehrkräften, auf Grundlage eines Lehrplans, in deutscher Sprache und unter staatlicher Schulaufsicht stattfinden wird.“

<link file:119675 _blank download>Ergänzendes Religionswissenschaftliches Gutachten

<link file:119676 _blank download>Ergänzendes Rechtsgutachten

<link file:119677 _blank download>Weiterer Prozess mit den Islamischen Verbänden

 

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