Die Ministerinnen hoben hervor, dass Gleichstellungspolitik darauf ausgerichtet sein müsse, traditionelle Rollenbilder zu überwinden zugunsten einer freien Entfaltung der Potenziale von Frauen und Männern. „Eine Gesellschaft sollte die Fähigkeiten aller Mitglieder als kostbarste Grundlage für die eigene nachhaltige Entwicklung zur Entfaltung bringen und nicht verkümmern lassen“, so die Politikerinnen. Deshalb seien in den Ressorts der drei Ministerinnen in den letzten Jahren eine Reihe politischer Schwerpunkte gesetzt worden, die zur Geschlechtergerechtigkeit wesentlich beitragen. „Auch wenn die Gleichstellung von Frauen aus quantitativer Sicht ständig Fortschritte erzielt, wie die Teilnahmequote am Arbeitsmarkt oder der hohe Bildungsstand belegen, sind die qualitativen Aspekte der Gleichstellung, beispielsweise das Lohngefälle oder die Konzentration auf geschlechtsspezifische Bereiche von Ausbildung und Arbeitsmarkt, nicht zu vernachlässigen“, hoben die Ministerinnen hervor. Hier liege noch ein gutes Stück Arbeit, das der Unterstützung aller Kräfte bedarf.
„Frauenpolitik benötigt auch 99 Jahre nach dem ersten Internationalen Frauentag einen langen Atem“, unterstrich Frauenministerin Malu Dreyer. Dabei sei mittlerweile bekannt, dass die Förderung von Frauen sich politisch auszahle, zum wirtschaftlichen Erfolg und sozialen Zusammenhalt des Landes beitrage und Altersarmut verhindere, so Dreyer. „Um Frauen eine gleiche Teilhabe und damit auch das Recht auf eine eigenständige Existenzsicherung zu ermöglichen, habe das Arbeits- und Frauenministerium eine Reihe von Maßnahmen initiiert, die besonders die erfolgreiche Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt, die Entgeltgleichheit bei gleichwertiger Arbeit, die bessere Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie sowie die politische Teilhabe zu unterstützen“, so Dreyer.
Die Frauenerwerbsquote liegt zurzeit bei 68,7 Prozent, die Erwerbsquote der Männer beträgt 82,5 Prozent. „Aber die Erwerbstätigkeit von Frauen ist heute vielfach nicht existenzsichernd. Auch spiegelt sich der hohe Bildungsgrad der Frauen nicht auf dem Arbeitsmarkt wider“, so Dreyer. Frauen seien mit rund 70 Prozent überproportional im Niedriglohnsektor beschäftigt. Darüber hinaus trügen familienbedingte Unterbrechungen, Teilzeitbeschäftigungen, kürzere Betriebszugehörigkeiten und Tarifsysteme, die häufig nicht geschlechtsneutral sind, zu geschlechtsspezifischen Einkommensunterschieden bei. „Auch wenn wir in Rheinland-Pfalz mit einem durchschnittlichen geschlechtsspezifischen Lohnunterschied von 21,6 Prozent leicht unter dem Bundesdurchschnitt von 23 Prozent liegen, muss hier ein gewaltiger Sprung nach vorne gemacht werden“, so Dreyer. Das sei eine wichtige politische Zielsetzung für die Zukunft. Deshalb trage Rheinland-Pfalz beispielsweise die Themen Mindestlohn und Equal Pay in Fachministerkonferenzen und den Bundesrat und werbe in Unternehmen für freiwillige Lohntests.
Zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie unterstütze das Land Betriebe bei der Einführung familiengerechter und gleichstellungsorientierter Arbeitszeiten. So stehe Rheinland-Pfalz mit 143 zertifizierten Betrieben bundesweit an der Spitze der Bewegung, betonte Dreyer. Weiterhin müsse der bessere Zugang zu Entscheidungspositionen geebnet werden. Rheinland-Pfalz stehe mit 38 Prozent weiblichen Landtagsabgeordneten im Ländervergleich an drittbester Stelle. „Mit drei Ministerinnen in der Ministerriege - und damit einem Frauenanteil von 42,9 Prozent - rangieren wir sogar auf dem zweiten Platz“, so die Ministerin. Nachholbedarf bestehe mit einem durchschnittlichen Frauenanteil von 16,8 Prozent jedoch auf kommunaler Ebene. Nicht zuletzt dem im April 2008 gestarteten Bündnis „FRAUEN machen Kommunen stark“ sei es zu verdanken, dass in einigen Kommunalparlamenten der Frauenanteil deutlich gesteigert werden konnte. „Es gibt keine Demokratie ohne die Frauen“, unterstrich Ministerin Dreyer.
Bildungs- und Jugendministerin Doris Ahnen betonte, eine wirksame Politik für Frauen müsse viele Felder abdecken und dabei auch auf Bewusstseinsveränderungen und gesellschaftspolitische Veränderungen zielen. „Das beginnt bei einer geschlechtssensiblen Pädagogik in den Kindertagesstätten und in den Schulen, geht über die Förderung der Beteiligung junger Frauen in zukunftsorientierten, noch immer vorwiegend von Männern besetzten Berufsfeldern - wie den großen Bereich der Naturwissenschaften und der Technik - und reicht hin bis zu konkreten Verbesserungen bei der Betreuung der Kinder.“
Spezielle Ansätze für die Förderung von Mädchen - mittlerweile allerdings auch verstärkt für die gezielte Unterstützung von Jungen - spielten bereits in den Ausbildungen von Erzieherinnen, Erziehern, Lehrerinnen und Lehrern eine Rolle, hielt die Bildungs- und Jugendministerin fest. „Dass Berufe in den Feldern Bildung und Erziehung vorwiegend von Frauen angesteuert werden, ist nichts Neues. In den letzten Jahren ist es allerdings auch gelungen, den früher noch unterdurchschnittlichen Frauenanteil in Leitungspositionen von Bildungseinrichtungen deutlich anzuheben“, betonte Doris Ahnen. Seien 2005 noch weniger als 44 Prozent aller Schulleitungen im Land von Frauen besetzt gewesen, habe dieser Anteil 2009 bereits über 50 Prozent gelegen.
Die Förderung von Mädchen im Bildungssystem des Landes gelinge gut, so Doris Ahnen. An den Gymnasien sei rund 54 Prozent der Schülerschaft weiblich. Bei der Länderauswertung von PISA 2006 sei zudem erfreulicherweise deutlich geworden, dass die rheinland-pfälzischen Schülerinnen bei den - überwiegend als männliche Domäne geltenden - mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen so gut abschnitten wie in kaum einem anderen Bundesland. „Dazu passt, dass wir gerade für diese Wissenschaftsbereiche in Rheinland-Pfalz mit dem Ada-Lovelace-Programm sowohl bei Schülerinnen als auch bei Studentinnen sehr erfolgreich werben“, unterstrichen Doris Ahnen und Malu Dreyer.
„Wo auch immer Frauen einer Ausbildung oder einem Beruf nachgehen wollen, ein wesentlicher Bestandteil der Unterstützung, die sie brauchen und hier in Rheinland-Pfalz auch erhalten, ist es, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch gute Bildungs- und Betreuungsangebote zu verbessern“, hielt Doris Ahnen weiter fest. Dazu gehörten der Ausbau der Kindertagesstätten ebenso wie die Beitragsbefreiung des Kindergartens oder der Ausbau des Netzes von Ganztagsschulen.
Die Umsetzung von konkreter Frauenförderung in einem technikbestimmten Ressort steht für Umweltministerin Margit Conrad im Mittelpunkt. „Das Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz engagiert sich im gesamten Geschäftsbereich stark im Bereich der familienbewussten Personalpolitik und hat bereits 2005 das Zertifikat zum audit berufundfamilie erhalten“, unterstrich Umweltministerin Margit Conrad. Ein umfassendes Paket zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wurde geschnürt - mit Tele- und Teilzeitarbeit über Eltern-Kind-Zimmer im Ministerium bis hin zu Jahresarbeitszeitkonten.
Als ein „Uranliegen der Frauenpolitik“ bezeichnet die Ministerin die Förderung von Frauen in technisch-naturwissenschaftlichen Berufen. In einem Ministerium mit hoher Anzahl technischer und naturwissenschaftlicher Arbeitsplätze sei dies eine Herausforderung. Aktuell sind 47 Prozent aller Beschäftigten in technisch/natur-wissenschaftlichen Berufen (z.B. als Chemiker/in, Physiker/in, Veterinär/in, Förster/in oder Ingenieurin) tätig. „Hier liegt eine dauerhafte Aufgabe insbesondere bei Stellenneubesetzungen und Führungskräftequalifizierungen“, so Conrad. Der Anteil an Mitarbeiterinnen beträgt im naturwissenschaft-technischen Bereich heute 24 Prozent; 2000 lag er noch bei 14 Prozent. Insgesamt sind derzeit 138 Personen auf diesen Arbeitsplätzen des Umweltministeriums tätig.
Landesforsten Rheinland-Pfalz, eine klassische „Männerdomäne“, wurde als erster Betrieb des Landes und bisher einziger Forstbetrieb bundesweit ebenfalls nach dem audit berufundfamilie ausgezeichnet. „Es muss hier mit langen Umbruchzeiten gerechnet werden und die Entwicklung verläuft sehr langsam“, stellt Ministerin Conrad fest. Bisher werden 3 von 45 Forstämtern von Frauen geleitet. „Ziel der Maßnahmen des audit berufundfamilie ist es gerade auch, Frauen den beruflichen Aufstieg attraktiver zu gestalten und so Veränderung zu erreichen“, so Conrad.
In Inhalten der Umweltpolitik ist der Gedanke der Frauenförderung verankert. So ist Geschlechtergerechtigkeit Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie für Rheinland-Pfalz, und dazu gehört die gezielte Ansprache von Frauen und die Stärkung als Akteurinnen für eine nachhaltige Entwicklung.