| Bestattungsrecht

Gesetzesnovelle passiert zweiten Durchgang im Ministerrat - Gesundheitsminister Clemens Hoch: „Reform bietet Raum für ganz individuelle Form der Trauer“

Rheinland-Pfalz bekommt ein Bestattungsrecht, das den Wünschen der Menschen und dem Zeitgeist entspricht. Der Ministerrat hat in seiner heutigen Sitzung dafür im zweiten Durchgang der Gesetzesnovelle die entscheidenden Weichen gestellt. „Mit dem neuen Bestattungsrecht werden wir unter anderem die Sargpflicht abschaffen – das heißt, künftig soll auch eine Bestattung im Tuch möglich sein. Außerdem öffnen wir uns für alternative Formen: etwa Flussbestattungen in den großen Flüssen von Rheinland-Pfalz“, sagt Gesundheitsminister Clemens Hoch. Auch soll möglich werden, sich als Erinnerungsstück – wie einen Diamant– verewigen zu lassen oder die Asche in Zukunft auf mehrere Angehörige aufzuteilen, so der Minister. „Die Menschen können ganz persönlich Abschied nehmen. Und genau darum geht es uns bei dieser Reform, die Wünsche des Verstorbenen zu respektieren und denjenigen, die bleiben, Raum zu geben, ihre Trauer auf ihre eigene Weise zu leben“, sagt Clemens Hoch.

Dem Minister sei zudem wichtig, Eltern auf dem schweren Weg bei der Beerdigung ihrer Kinder zu begleiten. Derzeit werden Kinder, die vor der 24. Schwangerschaftswoche oder mit weniger als 500 Gramm geboren werden, noch als Fehlgeburten betrachtet. Mit der Reform sollen diese Kinder zukünftig als „Sternenkinder“ bezeichnet werden. „Damit erhalten Eltern nicht nur die Möglichkeit, ihre Kinder auch formell zu beerdigen, sondern sie bekommen auch die Unterstützung, die sie in ihrem Trauerprozess brauchen. Wir schaffen außerdem einen rechtlichen Rahmen, der es den Eltern erlaubt, ihr Kind im Falle eines Unfalls oder medizinischen Notfalls gemeinsam mit sich in einem Grab zu beerdigen. Wir wollen damit helfen, den Eltern einen Raum für Trauer und Erinnerung zu geben“, sagt der Minister. Dies sei sicherlich nur ein kleiner Schritt, aber ein enorm wichtiger, um Eltern in diesen dunklen Stunden beizustehen.


Neben der Flexibilisierung der Bestattungsformen, der Finanzierung von im Ausland gefallenen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr und der Bestattung von „Sternenkindern“ gibt es weitere zentrale Änderungen im Leichenschauwesen: Gerade die Polizei- und Strafverfolgungsbehörden hinterfragten immer wieder kritisch die Qualität der Leichenschau, weshalb es notwendig ist die verschiedenen Leichenuntersuchungs-arten (Leichenschau, Obduktion, anatomische Sektion), deren Durchführung, die Todesbescheinigung und die damit verbundenen Rechte und Pflichten im Gesetz genauer zu regeln. Im Zuge dessen wird die Einführung einer Obduktionspflicht für Kinder bis zum 6. Lebensjahr eingeführt, wenn die Todesursache nicht zweifelsfrei geklärt ist. Dies stellt zwar einen Eingriff in das nach Grundgesetz geregelte Totenfürsorgerecht der Eltern dar, ist aber nach Bundesverfassungsgerichtsentscheidung gerechtfertigt und ver-stößt nicht gegen den postmortalen Würdeschutz, wenn es zur Aufklärung von Straftaten erfolgt. Das Interesse wiegt an der Aufklärung von Tötungsdelikten bei Säuglingen und Kleinkindern höher, da Fremdverschulden, wie etwa bei einem Schütteltrauma, nur durch eine Obduktion festgestellt werden kann.


Das bisherige Bestattungsrecht gilt seit rund 40 Jahren. Gesellschaftlicher und kultureller Wandel sind darin nicht abgedeckt. Das ändert sich nun mit der Gesetzesnovelle. „Bestattungen sind ein sehr persönliches und emotionales Thema. Früher war ziemlich klar, wie eine Beerdigung ablaufen soll – heute wünschen sich viele Menschen mehr Freiheiten, um ganz individuell Abschied nehmen zu können. Und genau das machen wir mit der Reform möglich – ein Bestattungsrecht, das zu unserer Zeit passt“, so Hoch.


Die erste Lesung im Landtag ist Mitte Mai geplant. Ziel ist es, das Gesetz im Juli final zu beschließen. Im Gegensatz zum ersten Durchgang im Ministerrat haben sich nur minimale redaktionelle Änderungen im Entwurf ergeben. Weitere Änderungen im parlamentarischen Verfahren bis zum Beschluss des rheinland-pfälzischen Landtags sind nicht ausgeschlossen.

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