Für das Land Rheinland-Pfalz unterzeichnete Ministerpräsident Kurt Beck die Kooperationsvereinbarung. Für die beteiligten Gemeinden unterschrieben die Oberbürgermeister der Städte Speyer, Worms und Mainz, Hansjörg Eger, Michael Kissel und Michael Ebling. Als Repräsentanten der jüdischen Gemeinden leisteten der Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz, Dr. Peter Waldmann, die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Mainz, Stella Schindler-Siegreich, und der Geschäftsführer der jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz, Daniel Nemirovsky, ihre Unterschriften. Der feierlichen Unterzeichnung wohnten auch die rheinland-pfälzische Kulturministerin Doris Ahnen sowie der Welterbebeauftragte des Landes, Staatssekretär Walter Schumacher, bei.
Die Kooperationsvereinbarung ist ein erster formaler Schritt, dem konkrete Maßnahmen folgen sollen. So wollen die Partner etwa in einem gemeinsamen Verein künftige Aufgaben, die mit dem Welterbe-Antrag verbunden sind, koordinieren und umsetzen. Verantwortlich sein wird der Verein unter anderem. für die Erstellung der Bewerbungsunterlagen sowie für die Öffentlichkeitsarbeit und die touristische Erschließung der SchUM-Städten.
„Es muss uns allen ein Anliegen sein, aus den Lehren der Vergangenheit die richtigen Folgerungen zu ziehen. Dazu gehört, dass wir dem jüdischen Leben in unserer Gesellschaft den Platz geben, der ihm zusteht“, betonte Ministerpräsident Kurt Beck. „Es gehört auch dazu, dass wir daran erinnern welche enorme Bedeutung die SchUM-Städte in der Geschichte hatten. Dementsprechend ist es richtig, dass wir entlang des Rheins die christlichen Dome und eben auch die jüdischen SchUM-Städte als Welterbe anmelden. Ich danke allen Beteiligten für die gute Zusammenarbeit auf dem Weg dorthin“, sagte der Ministerpräsident. Wenn der Antrag dann noch Erfolg habe, sei ein Kulturbeitrag von herausragender Bedeutung gelungen, so Kurt Beck.
„Die SchUM-Gemeinden sind reich an einzigartigen Zeugnissen der mittelalterlichen jüdischen Historie und verraten uns zugleich viel über die frühen Beziehungen zwischen jüdischer und christlicher Kultur“, sagte Kulturministerin Doris Ahnen. „Mit dem Welterbe-Antrag kommt Rheinland-Pfalz einer großen Verantwortung nach: der Pflicht, sich der jüdischen Geschichte und ihrer großen Bedeutung für unser Land immer wieder bewusst zu werden. Zugleich machen wir uns stark für die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung jüdischen Lebens heute.“ Jüngst sei dies erst mit dem vom Landtag beschlossenen Gesetz geschehen, auf dessen Basis der neue Staatsvertrag zwischen Rheinland-Pfalz und dem Landesverband der Jüdischen Kultusgemeinden in Kraft treten konnte.
„Von den drei SchUM-Gemeinden ausgehend entwickelte sich eine neue, das Judentum über Jahrhunderte prägende, eigenständige Kultur in Mitteleuropa, die im Austausch und in der Auseinandersetzung mit der christlichen Kultur ihren spezifischen Charakter gewann“, sagte der Oberbürgermeister der Stadt Speyer, Hansjörg Eger.
„Die Stadt Mainz unterstützt das Projekt eines UNESCO-Weltkulturerbes der drei SchUM-Gemeinden aus ganzem Herzen“, so der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, Michael Ebling. „Mit dem Ziel einer Anerkennung der SchUM-Gemeinden wollen wir gemeinsam an die uralte jüdische Tradition des Lernens und Lehrens, die in den SchUM-Gemeinden Speyer, Worms und Mainz gepflegt wurde, anknüpfen und deren große Bedeutung für unsere Kultur den nachfolgenden Generationen vermitteln.“
„Die SchUM-Gemeinden spielen für die Juden wie für die Deutschen eine wichtige Rolle. Für Juden ist der Gedanke wichtig, den die SchUM-Gemeinden repräsentieren, denn diese Gemeinden schufen einen Brückenschlag zwischen dem Neuen und dem Alten“, so der Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz, Dr. Peter Waldmann. „Die SchUM-Gemeinden stellen so einen dritten Weg dar zwischen den Gegensätzen von liberalem und orthodoxem Judentum. Für die christliche Umwelt ist die Erinnerung an die jüdische Tradition deshalb so wichtig, weil bewusst gemacht werden kann, dass deutsche Geschichte und auch deutsche Identität ebenfalls vom Judentum abhängen.“
Die drei jüdischen Zentren des Rheingebietes haben im Mittelalter bedeutende jüdische Gemeinden hervorgebracht, die in außergewöhnlicher Weise miteinander kooperierten und Anfang des 13. Jahrhunderts mit ihren Erlassen und Talmudschulen eine führende Rolle im aschkenasischen Judentum einnahmen. Auch die Entwicklung neuer Architekturformen prägten sie maßgeblich: Bis heute sind in den SchUM-Städten herausragende jüdische Ritualbauten aus dem Mittelalter erhalten geblieben, so etwa die Monumentalmikwe und die um 1104 eingeweihte Synagoge in Speyer, die zu den ältesten und bedeutendsten nördlich der Alpen zählt, der jüdische Friedhof Heiliger Sand in Worms oder der Denkmalfriedhof in Mainz. Das Wort SchUM ist ein Akronym aus den Anfangsbuchstaben der mittelalterlichen, hebräischen Namen von Speyer, Worms und Mainz: Schin (Sch) für Schpira, Waw (U) für Warmaisa und Mem (M) für Magenza.
Bereits seit der Regierungserklärung von 2006 verfolgt die rheinland-pfälzische Landesregierung das Ziel, das mittelalterlich-jüdische Erbe der SchUM-Gemeinden als UNESCO-Welterbestätte vorzuschlagen. Untermauert hat sie dieses Ziel noch einmal mit dem aktuellen Koalitionsvertrag. Voraussichtlich in drei Jahren wird die aktuelle Vorschlagsliste der Bundesrepublik bei der UNESCO abgearbeitet sein. Neben dem SchUM-Antrag bildet der Erweiterungsantrag des Welterbes Speyerer Dom um die Dome in Mainz und Worms den zweiten Antrag. Das aufwendige mehrjährige Verfahren der eigentlichen Antragstellung bei der UNESCO erfolgt in einem zweiten Schritt.
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Kultur
Stark für SchUM-Städte: Kooperationsvereinbarung für Welterbeantrag
Das Ziel ist klar: Die sogenannten SchUM-Gemeinden Speyer, Worms und Mainz sollen mit ihrem außergewöhnlichen jüdischen Erbe Eingang finden in die UNESCO-Welterbeliste, für die das Land Rheinland-Pfalz aktuell mit den beteiligten Kommunen und Vertretern der jüdischen Gemeinden eine Nominierung vorbereitet. Grundlage dafür ist eine gemeinsame Kooperationsvereinbarung, die die Partner heute - und damit noch vor der offiziellen Abgabe der Nominierungsunterlagen bei der Kultusministerkonferenz (KMK) zum 1. August 2012 - unterzeichneten. Sie bildet die Basis für die künftige Zusammenarbeit und gemeinsame Aufgaben, die mit dem Welterbe-Antrag verbunden sind.
