„Besteht wie in diesem Fall ein zusätzlicher Bedarf an Fachkräften, so hat der unabhängige Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Möglichkeit, gezielt und kurzfristig weiteren Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten auf Antrag eine „Sonderbedarfszulassung“ oder eine „Ermächtigung“ zu erteilen. Von beiden Möglichkeiten hat der Zulassungsausschuss im Ahrtal mehrfach Gebrauch gemacht: In den vergangenen Wochen wurden insgesamt sieben Sonderbedarfszulassungen für den Landkreis Ahrweiler erteilt. Darunter sind auch drei Sonderbedarfszulassungen für Therapeutinnen, die Kinder und Jugendliche behandeln. Ergänzend wurden außerdem zwei Ermächtigungen erteilt, die auf zwei Jahre befristet sind und bei Bedarf verlängert werden können. Die rheinland-pfälzische Selbstverwaltung hat hier deutlich gezeigt, dass sie auf außergewöhnliche Ereignisse flexibel reagieren kann und die Menschen im Ahrtal nicht im Stich lässt. Hierfür bedanke ich mich ausdrücklich“, so der Minister. Die Sonderbedarfszulassungen seien ein wichtiger Schritt für eine dauerhafte Verbesserung der Versorgung in der Region, da sie zeitlich unbefristet sind.
Die ambulante Bedarfsplanung erfolgt nicht durch das Land, sondern durch die gemeinsame Selbstverwaltung aus gesetzlichen Krankenkassen und Kassenärztlicher Vereinigung. Die Aufstellung des Bedarfsplans auf Landesebene ist Aufgabe des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. In der bundesweit gültigen Bedarfsplanungsrichtlinie sind Arzt-Einwohnerverhältnisse vorgegeben, anhand derer berechnet wird, wie viele Ärzte bzw. Psychotherapeuten in einem Planungsbereich zugelassen werden können. Wartezeiten im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung sind ein bundesweites Problem. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht daher eine grundlegende Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung vor. Dadurch sollen Wartezeiten, insbesondere für Kinder- und Jugendliche, aber auch in ländlichen und strukturschwachen Gebieten deutlich reduziert werden. Die Kapazitäten sollen bedarfsgerecht, passgenau und stärker koordiniert ausgebaut werden. „Das ist auch dringend geboten. Gerade Kinder werden durch einschneidende Erlebnisse maßgeblich geprägt. Nicht nur eine Katastrophe wie die Flut im Ahrtal sind solche Ereignisse. Auch die Umstände der Pandemie oder Berichte von Krieg und Vertreibung müssen aufgearbeitet werden“, so der Gesundheitsminister.
Eine weitere zentrale Aufgabe des Landes sei die Sicherstellung der psychiatrischen Krankenhausversorgung. „Diese ist auch Dank der Solidarität unter den Kliniken gewährleistet. Den Kliniken werden Interimsmaßnahmen gewährt, um die ambulante, teilstationäre und stationäre Versorgung übergangsweise an anderen Orten wiederaufzunehmen. Das Gesundheitsministerium unterstützt auch die Kreisverwaltung Ahrweiler bei der Erfüllung der zusätzlichen Planungs- und Koordinierungsaufgaben im Bereich der Hilfen für psychisch erkrankte Menschen; insbesondere beim Aufbau und der Pflege eines Traumanetzwerks mit den Partnern vor Ort“, sagte Clemens Hoch. Darüber hinaus leisteten auch die Psychiatrischen Institutsambulanzen der Dr. von Ehrenwall’sche Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie und die DRK Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie mit ihren multiprofessionellen Teams einen großen Beitrag zur ambulanten Versorgung, gerade auch für Patienten mit schwereren Verlaufsformen.
Hintergrund
Um Erkrankungen als Folge der Flutkatastrophe möglichst zu verhindern, haben viele Stellen der Landesregierung und ihre Partner sehr schnell Unterstützungsangebote geschaffen. Dazu gehören z.B.:
- die Psychosoziale Notfallseelsorge in der Zuständigkeit des Innenministeriums, die unmittelbar nach der Katastrophe zur Verfügung stand,
- die Hotline für entlastende Gespräche mit Psychologinnen und Psychologen, die der Opferbeauftragte der Landesregierung sehr schnell aufgebaut hat, oder auch
- die 200 Psychoedukations- und Fortbildungsgruppen die das Netzwerk „Sofort Aktiv“ im Auftrag der Landespsychotherapeutenkammer und finanziert durch das Gesundheitsministerium im ersten Jahr nach der Katastrophe für Betroffene, Helfer sowie deren Kontaktpersonen anbietet.