| Schuljahresbeginn 2014/2015

Gute Unterrichtsversorgung, mehr Inklusion, kleinere Grundschulklassen und mehr Mitbestimmung an Schulen

Heute beginnt für etwa 540.700 Schülerinnen und Schüler in den rund 1.600 allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen und für mehr als 41.000 hauptamtliche Lehrkräfte das neue Schuljahr. Bei einem Besuch in der Integrierten Gesamtschule (IGS) in Mainz-Bretzenheim stellte Bildungsministerin Doris Ahnen die wichtigsten Entwicklungen für das Schuljahr 2014/2015 vor: „Wir werden einen guten Start ins neue Schuljahr haben. Mehr als 1.200 junge Lehrerinnen und Lehrer wurden von der Schulaufsicht neu in den Schuldienst eingestellt. Dieses große Einstellungsvolumen zeigt, dass eine gute Unterrichtsversorgung für die Landesregierung nach wie vor oberste Priorität hat. Mit dem Inkrafttreten des neuen Schulgesetzes wurden außerdem die schulische Inklusion gestärkt und die Mitbestimmungsrechte von Eltern- und Schülervertretungen ausgeweitet.“

Inklusion kommt einen wichtigen Schritt voran

„Die zu Recht am meisten beachtete Neuregelung ist: Seit dem 1. August haben die Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf gesetzlich verbrieft das Recht, über den besten schulischen Förderort für ihre Kinder zu entscheiden. Sie haben die freie Wahl zwischen einem inklusiven Unterrichtsangebot in einer der aktuell 270 Schwerpunktschulen und dem Angebot in einer der 135 Förderschulen mit neun verschiedenen Förderschwerpunkten. Mit dieser Neuregelung machen wir in der Bildungspolitik einen großen Schritt hin zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen, die von Deutschland 2009 ratifiziert wurde und damit Grundlage der Inklusionspolitik bundesweit ist“, betonte Doris Ahnen. Die UN-Behinderten-rechtskonvention fordert von allen staatlichen Ebenen, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu gewährleisten und auszubauen.

„Wir können bei der Inklusion auf einem seit mehr als einem Jahrzehnt erfolgreichen Konzept aufbauen“, betonte Bildungsministerin Ahnen. An den 155 Schwerpunkt-Grundschulen und den 115 Schwerpunktschulen der Sekundarstufe I würden die Lehrerinnen und Lehrer dieser Schulen von Förderschullehrkräften und pädagogischen Fachkräften unterstützt, für die im Schuljahr 2014/2015 insgesamt 710 Vollzeitlehrerstellen bereitstehen. Entsprechend des Bedarfs werde die Anzahl dieser Stellen weiterhin schrittweise erhöht parallel zur stärkeren Auslastung vorhandener und zur Ausweisung neuer Schwerpunktschulen. Auch die Lehramtsausbildung werde durch zusätzliche Zuweisungen von förderpädagogisch ausgebildetem Personal an die Studienseminare im neuen Schuljahr weiter intensiviert. Das neue Schulgesetz eröffne Förderschulen zudem die Möglichkeit, sich zu Förder- und Beratungszentren weiterzuentwickeln. Die Beauftragung der ersten Zentren könne bei Vorlage geeigneter Konzepte bereits im Schuljahr 2014/2015 erfolgen.

Nach den neuesten vorläufigen Daten hätten sich die Eltern von rund 500 Kindern neu für die Förderung an einer inklusiven Schule entschieden, so die Ministerin. Die Zahl der inklusiv unterrichteten Kinder in den Schwerpunktschulen werde nach aktuellem Stand somit im Vergleich zum Schuljahr 2013/2014 – damals wurden knapp 4.350 Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Schwerpunktschulen unterrichtet – moderat ansteigen. Die Inklusionsquote steige damit auf rund 30 Prozent (Vorjahr: 27 Prozent) „Das verdeutlicht, dass es sich bei der Inklusion um einen Prozess handelt, und dass Eltern sorgfältig und verantwortungsvoll von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen“, so Doris Ahnen.

Gute Unterrichtsversorgung – Kleine Klassen

„Für einen guten Start in das neue Schuljahr haben sich in den letzten Wochen sehr viele Menschen in den Schulleitungen, in der Schulaufsicht und bei den Schulträgern eingesetzt. Der erste Schultag ist der richtige Zeitpunkt, mich bei allen Beteiligten in den Schulen, in den kommunalen Schulämtern und in der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ganz herzlich für ihren Einsatz zu bedanken“, unterstrich Bildungsministerin Ahnen vor allem mit Blick auf die Personalausstattung der Schulen. Mit besonderer Freude erfülle sie aber auch, dass sich das System der Schulbuchausleihe inzwischen gut eingespielt habe, merkte die Ministerin an. Die Eltern von mehr als 244.000 Schülerinnen und Schülern würden so nach aktuellem Stand finanziell entlastet.

„Die Absenkung der Klassenmesszahl in den Grundschulen ist mit dem neuen Schuljahr vollständig umgesetzt: In allen Klassenstufen gilt die Zahl von 24 Schülerinnen und Schülern als Obergrenze. Damit haben wir in den Grundschulen mit die kleinsten Grundschulklassen bundesweit. Das ist ein echter Meilenstein!“, sagte Doris Ahnen. Die Messzahl für die gesamte Orientierungsstufe (Klassenstufen 5 und 6) der Gymnasien und der Integrierten Gesamtschulen (IGS) liege zudem jetzt bei 28 Schülerinnen und Schülern. In den Realschulen plus sei sie bereits bei der Schulstrukturreform auf 25 Schülerinnen und Schüler abgesenkt worden.

Kleinere Lerngruppen würden aber auch in der Berufsfachschule I möglich, die in den Fachrichtungen Ernährung und Hauswirtschaft/Sozialwesen, Gesundheit und Pflege, Gewerbe und Technik sowie Wirtschaft und Verwaltung angeboten werden. Neuregelungen für die Stundenzuweisung in den berufsbildenden Schulen machten dort jetzt Klassen mit höchstens 20 Schülerinnen und Schülern zur Regel. In der Berufsfachschule I werde außerdem zum Erwerb von beruflichen Grundkompetenzen berufsbezogenes und berufsübergreifendes Lernen in der Schule mit fachpraktischem Lernen im Betriebspraktikum inhaltlich und organisatorisch stärker verzahnt. Damit solle der Übergang in die duale Berufsausbildung erleichtert und ein weiterer Beitrag zur Sicherung des Fachkräftebedarfs geleistet werden.

Für die Versorgung aller Schulen mit Lehrpersonal zum neuen Schuljahr sei vor allem eine Entwicklung von besonderer Bedeutung geworden, betonte Doris Ahnen: „Der Rückgang bei den Schülerzahlen fällt nicht so deutlich aus wie auf Basis der letzten Bevölkerungsvorausberechnung prognostiziert.“ War für das Schuljahr 2014/2015 bislang ein Rückgang der Schülerzahlen um 10.900 Schülerinnen und Schüler erwartet worden, liege er nach den jetzigen noch vorläufigen Zahlen bei rund 6.600 Schülerinnen und Schülern landesweit. Die Zahl der einzuschulenden Kinder steige – stärker als erwartet – um mehr als 1.200 im Vergleich zum vergangenen Schuljahr.

Die Hauptgründe für diese Entwicklung lägen darin, dass in der Bevölkerungsvorausberechnung von 2010 die Zuwanderung aufgrund der Wirtschaftskrise in Südeuropa, die mit der Erweiterung der Europäischen Union einhergehende Zuwanderung aus Südosteuropa und die Folgen von Krisen in Afrika, im Nahen und im Mittleren Osten nicht vorhersehbar gewesen seien. Praktisch alle bisherigen Prognosen bei den Schülerzahlen hätten bundesweit auf der im Jahr 2010 vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten „12. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung“ basiert, der Ist-Daten aus dem Jahr 2008 zu Grunde lagen. Aus unterschiedlichen Gründen – auch wegen des Mikrozensus 2011 – sei die eigentlich im Jahr 2013 fällige Aktualisierung der Bevölkerungsvorausberechnung bislang noch nicht erfolgt und werde wohl erst Anfang 2015 vorgelegt.

250 Lehrerstellen mehr als geplant – Vertretungspool auf 500 Stellen ausgebaut

„Wir haben auf diese Entwicklung reagiert und für das laufende Schuljahr 250 Vollzeitstellen mehr im System als ursprünglich vorgesehen“, betonte Doris Ahnen. Nach dem aktuellen Stand habe die Schulaufsicht zum Beginn des jetzigen Schuljahres mehr als 1.200 Personen auf mehr als 1.100 Vollzeitstellen neu eingestellt. Weitere Einstellungen von Lehrerinnen und Lehrern seien zu erwarten – insbesondere in den berufsbildenden Schulen, deren nächster originärer Einstellungstermin am 1. November ist.

In der Summe der Einstellungen enthalten seien auch 200 neu besetzte Stellen für den Vertretungspool mit Vertretungslehrkräften im Beamtenstatus, in dem Lehrkräfte drei Jahre für längerfristige Vertretungseinsätze von sechs Monaten oder mehr den Schulen in einer Region zur Verfügung stehen. Nach drei Jahren werden diese Lehrkräfte dann fest an einer Schule eingesetzt. Der Vertretungspool umfasse damit jetzt 500 Stellen. Bis 2016 soll er auf 1.000 Stellen ausgebaut werden.

Die Bildungsministerin ergänzte, daneben gebe es auch zukünftig – wenn auch in reduziertem Umfang – die Notwendigkeit für befristete Vertretungsverträge. „Auch hier kümmern wir uns – im rechtlich machbaren Ausmaß – um gute Beschäftigungsbedingungen“, betonte die Ministerin. Ein Beleg dafür sei, dass von den Vertretungsverträgen, die im Juli landesweit bestanden hätten, annähernd 60 Prozent über die Sommerferien hinaus andauerten und dementsprechend durchbezahlt wurden.

Erweiterte Handlungsmöglichkeiten für Schulleitungen und Lehrerkollegien

Gerade im Bereich der Personalausstattung und der Personalauswahl sei es Ziel der Landesregierung, den Schulen Schritt für Schritt mehr Eigenverantwortung und mehr Handlungsmöglichkeiten zu geben, hielt Doris Ahnen weiter fest. Besonders fortgeschritten sei dieser Prozess bei den berufsbildenden Schulen. Aufgrund der sehr positiven Ergebnisse des BBS-Schulversuchs „Eigenverantwortung, Qualitätsmanagement und veränderte Lehr- und Lernkultur (EQuL)“ werde der Kreis der berufsbildenden Schulen (BBS) erweitert, die im pädagogischen Bereich, bei ihrer internen Organisation, bei der Personalauswahl und bei ihren Finanzen mehr eigenverantwortlich regeln könnten, hielt die Bildungsministerin weiter fest. Zu den bislang 11 BBSen, die im Rahmen des Schulversuchs dafür mit einem eigenen Personal- und Sachkostenbudget ausgestattet worden seien, kämen zum neuen Schuljahr 7 berufsbildende Schulen hinzu. Für 2015 hätten sich 8 weitere BBSen für diesen Weg entschieden.

An den allgemeinbildenden Schulen werde der Schulversuch „Mehr Selbstverantwortung für rheinland-pfälzische Schulen“ starten. An Realschulen plus, Integrierten Gesamtschulen und Gymnasien sollten dadurch belastbare Erfahrungen zur Wahrnehmung der Budgetverantwortung und der stärkeren Beteiligung der Schulen an Personalplanung und Personalauswahl gesammelt und ausgewertet werden. Die teilnehmenden Schulen stünden im Laufe des ersten Schulhalbjahres fest.

Neben den Ganztagsschulen könnten nun auch Schwerpunktschulen, Förderschulen, die sich zu Förder- und Beratungszentren weiterentwickeln werden, und berufsbildende Schulen die Weiterbildung ihrer Lehrkräfte und der Schulleitungen über eigene Budgets von bis zu 1.500 Euro pro Schuljahr unterstützen und fördern. Die Ministerin unterstrich, ab sofort könnten die knapp 800 teilnahmeberechtigten Schulen im Land ihr jeweiliges Fortbildungsbudget einfach elektronisch beantragen. „Bei der Qualitätsentwicklung von Schule spielt die Lehrerweiterbildung eine ganz wichtige Rolle. Die Weiterbildungsbereitschaft unserer Lehrerinnen und Lehrer ist erfreulicherweise hoch. Die schuleigenen Fortbildungsbudgets sorgen dafür, dass dieses Engagement vor Ort mit passgenauen Angeboten noch besser befriedigt werden kann. Und ich bin sicher, dass diese Angebote auch stark genutzt werden“, sagte Bildungsministerin Ahnen.

Stärkung der Schüler- und Elternrechte

„Mit dem neuen Schulgesetz werden auch die Mitbestimmungsrechte der Vertretungen von Eltern sowie von Schülerinnen und Schülern an den Schulen gestärkt. Das fördert das schon bisher intensive Zusammenspiel aller Akteurinnen und Akteure, die für ein erfolgreiches Lernumfeld unerlässlich sind“, erklärte Doris Ahnen. Wichtigstes Element der neuen Regelung ist die Ausweitung der Aufgaben des Schulausschusses, in dem Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler paritätisch beteiligt sind. Darüber hinaus erhielten die Mitglieder des Schulausschusses ab sofort das volle Stimmrecht in der Gesamtkonferenz. Die Ministerin hielt fest. „Dadurch unterstreichen wir die Bedeutung des Schulausschusses, der in besonderer Weise zum Interessenausgleich an den Schulen beitragen kann.“

Mit dem neuen Schulgesetz sei außerdem ein Wunsch der Landesschülervertretung aufgegriffen und ein neues Gremium, der Landesrat, installiert worden. Der Landesrat, der sich aus Delegierten aller 36 Kreis- und Stadtschülervertretungen zusammensetzt, kann zwischen den ordentlichen, jährlichen Landeskonferenzen für Schülerinnen und Schüler als höchstes beschlussfassendes Gremium agieren. „Der Einsatz junger Menschen für ein demokratisches Schulleben bereichert kurzfristig das Miteinander vor Ort an der Schule, langfristig stärkt es die Demokratie insgesamt. Denn die Schulen bilden Bürgerinnen und Bürger aus, die gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und mitgestalten sollen. Diesen Prozess zu unterstützen ist mir ein besonderes Anliegen“, betonte Bildungsministerin Ahnen.

Die Ministerin bedankte sich bei allen am Schulleben Beteiligten, denn: „Um gute Schule zu machen sind große Anstrengungen von sehr vielen Menschen erforderlich. Ich weiß um das große Engagement der Schulleitungen und der Lehrkräfte in unseren Schulen und bedanke mich dafür ganz ausdrücklich. Und ich wünsche allen, dass sie für diesen Einsatz durch viele gute Erfahrungen und viele positive Rückmeldungen von Schülerinnen und Schülern sowie Eltern belohnt werden“.

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