Prof. Raphael, der an der Universität Trier einen Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte innehat, erhält den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis nicht zuletzt aufgrund seiner wichtigen Impulse für die Weiterentwicklung der deutschen Geschichtswissenschaft und deren Nachbardisziplinen. Seit Beginn seiner wissenschaftlichen Laufbahn begreift der Historiker Zeitgeschichte nicht als Nationalgeschichte, sondern als europäische Geschichte. Seine zahlreichen Monografien und Aufsätze hatten bedeutsamen Einfluss darauf, dass die innovativen Geschichtsinterpretationen und die soziologischen, philosophischen und anthropologischen Methoden seines Lehrers Pierre Bourdieu in der deutschen Forschung verankert wurden.
Zudem trug Raphael wesentlich zum Aufbau des Forschungszentrums „Europa - Strukturen langer Dauer und Gegenwartsprobleme“ der Universität Trier bei. Unter seiner Mitwirkung entwickelte es sich zu einem sichtbaren Leuchtturm der historischen Forschung in Deutschland. Das vom Land Rheinland-Pfalz im Rahmen der Forschungsinitiative mit jährlich über 1,2 Millionen Euro geförderte Forschungszentrum bündelt kultur- und sozialwissenschaftliche Forschungsvorhaben zu epochenübergreifenden Entwicklungen und Strukturen Europas und untersucht deren Relevanz für gegenwärtige Problemlagen in Kultur, Politik und Gesellschaft.
Raphaels Arbeiten zeichnen sich durch ein hohes, fächerübergreifendes theoretisches Niveau aus; in seine Forschungen bezieht er zunehmend auch globalhistorische und transnational weitreichende komparatistische Studien ein. Mit seinen kritischen Analysen zur modernen Expertenkultur, insbesondere derjenigen der Historiker und Soziologen, wirkt er weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Er ist zugleich einer der wenigen deutschen Historiker, die kontinuierlich und über viele Jahre hinweg den engen Austausch vor allem mit französischen Wissenschaftlern pflegen.
Prof. Raphael war Sprecher zweier durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderter Sonderforschungsbereiche – „Zwischen Maas und Rhein. Beziehungen, Begegnungen und Konflikte in einem europäischen Kernraum von der Antike bis zum 19. Jahrhundert“ (1997-1999) und „Fremdheit und Armut. Wandel von Inklusions- und Exklusionsformen von der Antike bis zur Gegenwart“ (seit 2002). Darüber hinaus engagiert er sich in zahlreichen wissenschaftlichen Ämtern: So ist er u.a. Mitglied in der wissenschaftlichen Kommission des Wissenschaftsrats, im wissenschaftlichen Beirat des Deutschen Historischen Instituts Paris und in der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Der auf Vorschlag Dritter vergebene Leibniz-Preis ist mit 2,5 Millionen Euro dotiert. Die Entscheidung über die Preisträger trifft der Hauptausschuss der Deutschen Forschungsgemeinschaft aufgrund einer Empfehlung des Nominierungsausschusses für das Leibniz-Programm.
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Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis
Historiker Prof. Dr. Lutz Raphael erhält Auszeichnung
„Der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis ist der wichtigste Forschungsförderpreis in Deutschland. Wer Leibniz-Preisträger wird, erhält diese Auszeichnung nicht nur für ein besonderes Einzelprojekt, sondern für kontinuierliche, wegweisende Forschungsleistungen auf höchstem wissenschaftlichem Niveau. Ich freue mich deshalb besonders, dass mit Professor Raphael einer der maßgeblichen Vertreter seines Faches geehrt wird.“ Mit diesen Worten gratulierte die rheinland-pfälzische Wissenschaftsministerin Doris Ahnen dem Trierer Historiker Lutz Raphael, dem die Deutsche Forschungsgemeinschaft den Leibniz-Preis 2013 verleiht.
