„Diese Übersprunghandlung der KV ist nicht nachvollziehbar und geht zu Lasten der Patientinnen und Patienten. Die Leidtragenden sind darüber hinaus die Krankenhäuser und Notaufnahmen, die Ausfälle kompensieren müssen, obwohl diese ohnehin stark belastet sind. Nach unseren Kenntnissen sind lediglich rund zehn Prozent der 430 im Bereitschaftsdienst tätigen Ärztinnen und Ärzte von der nun gerichtlich bestätigten Sozialversicherungspflicht erstmalig betroffen; eine Sozialversicherungspflicht, die im Übrigen in Deutschland für jeden Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin gilt. Das Bundessozialgericht hat mit seiner Entscheidung der Scheinselbstständigkeit bei einigen Pool-Ärztinnen und Ärzten einen Riegel vorgeschoben. Die Kassenärztliche Vereinigung hat sicherzustellen, dass anfallende Sozialabgaben auch ordnungsgemäß gezahlt werden. Dies nun als Anlass zu nehmen, ihren Sicherstellungsauftrag bei der Bereitstellung des Bereitschaftsdienstes nicht erfüllen zu wollen, ist ein rein vorgeschobenes Argument und eine mehr als eigenmächtige Interpretation“, sagte Gesundheitsminister Clemens Hoch.
Darüber hinaus spiele die KV mit den Ängsten der Menschen. Der vertragsärztliche Bereitschaftsdienst übernehme nachts, an Wochenenden und an Feiertagen die Aufgaben der Vertragsärzteschaft einschließlich der medizinisch erforderlichen Hausbesuche. Er ist unter der Nummer 116 117 erreichbar. „Vereinfacht gesagt ist der ärztliche Bereitschaftsdienst der „Hausarzt am Wochenende“. Dass jetzt von der KV suggeriert wird, es breche die Notfallversorgung zusammen, stimmt einfach nicht“, sagte Gesundheitsminister Hoch. Die Notfallversorgung funktioniere gut in Rheinland-Pfalz und habe mit diesem Verhalten der KV nichts zu tun. Er erinnerte zudem daran, dass die Versorgung von lebensbedrohlichen Notfällen bei denen sofortige Hilfe notwendig ist, Aufgabe des Rettungsdienstes sei, der rund um die Uhr unter der Telefonnummer 112 erreichbar ist. Erst die Entscheidung der KV, die Bereitschaftsdienstzentralen zu schließen, verschärfe aber die Situation in den Notfallstrukturen, denn die Menschen, die abends und am Wochenende medizinischen Rat suchen, würden nun von der KV im Stich gelassen.
Die Sicherstellung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes ist Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz als Selbstverwaltungskörperschaft der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte. Die Kassenärztliche Vereinigung ist somit verpflichtet, gesetzlich Krankenversicherten auch außerhalb der Sprechstunden der Praxen eine Versorgung anzubieten. Hierzu kann sie ihre Mitglieder, die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte zu Bereitschaftsdiensten einteilen. Darüber hinaus verpflichtet die Berufsordnung alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, am Bereitschaftsdienst teilzunehmen und sich hierfür fortzubilden.
Bei der Ausgestaltung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes handelt die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz eigenverantwortlich. Das Sozialgesetzbuch beschränkt die Aufsicht der Landesregierung über die Kassenärztliche Vereinigung auf eine reine Rechtsaufsicht. Dies bedeutet, dass das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit lediglich Rechtsverstöße beanstanden kann. Das Ministerium kann jedoch keine fachlichen Vorgaben z.B. zu den Standorten der Bereitschaftspraxen machen. „Wenn die KV in ihrer Selbstverwaltung jetzt zunehmend nicht mehr den eigenen Aufgaben nachkommt, macht sie sich selbst überflüssig“ so der Minister. Dann müsse auch über eine Gesetzesänderung auf Bundesebene nachgedacht werden. Der Vorstand der KV Rheinland-Pfalz werde zeitnah einbestellt werden, um die Angelegenheit zu besprechen. „Wir werden grundlegend über ein gewisses Rollenverständnis sprechen müssen. Es kann nicht sein, dass die KV ihre Hausaufgaben nicht erledigt und dann Schuldzuweisungen an andere ausspricht“, betonte Clemens Hoch.